„Unser tägliches Leben im Amazonas-Regenwald zeigen wir auf Reisen durch Europa“

Bunke Inani vom Volk der Huni@Bruna Brandão (1)
Bunke Inani Huni Kuin@Bruna Brandão

Bunke Inani von der indigenen Gemeinschaft der Huni Kuin lebt im brasilianischen Amazonasgebiet im Bundesstaat Acre, der an Peru und Bolivien grenzt. Die Huni Kuin leben seit Jahrtausenden im Wald in einer Beziehung der gegenseitigen Abhängigkeit und des Gleichgewichts mit der Umwelt.

Ihr Land und ihre traditionelle Lebensweise sind jedoch auch durch die Ausbeutung des Amazonas-Regenwaldes bedroht, die unter der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro weiter vorangetrieben wurde. Seit mehreren Jahren reist Bunke durch Brasilien und Europa, um die Kultur der Huni Kuin vorzustellen.

F: Seit Jahren reisen Huni-Kuin-Frauen durch Brasilien und Europa, zeigen ihre Rituale, ihr Kunsthandwerk und besuchen andere indigene Gemeinschaften. Warum eigentlich? Warst du im Regenwald nicht glücklich?

Wir reisen, um andere Indigene treffen und Ideen auszutauschen.

B: Doch, wir leben im Regenwald, in Amazonien, im Bundesstaat Acre. Aber ich arbeite daran, das Leben der Huni-Kuin-Frauen zu verbessern, wir zeigen unsere traditionelle Medizin, unser Kunsthandwerk, unsere Perlenarbeiten, unsere Musik, die wir auch zu Hause in unserem Dorf machen. Wir reisen auch, um andere Indigene zu treffen und Ideen auszutauschen. Wir wollen unser Wissen teilen und lernen.

Huni-Kuin-Kinder auf einem Kapok-Baum im Amazonas@ living Gaia e.V.
Huni-Kuin-Kinder auf einem Kapok-Baum im Amazonas @living-gaia

Ich habe viel gelernt, zum Beispiel Portugiesisch zu sprechen und Gitarre zu spielen

F: Was passiert auf euren Reisen?

B: Wir reisen sowohl in Brasilien als auch in Europa, unterstützt von Aktivistinnen und Frauen aus aller Welt, zum Beispiel in Berlin (Anm. d. Redaktion: Der gemeinnützige Verein Living Gaia e.V. arbeitet seit 2013 mit den Huni Kuin zusammen). Auf den Reisen können wir auch unsere Handarbeiten verkaufen – Kleidung, Ketten, Hängematten – mit dem Geld helfen wir auch unserer Gemeinschaft und unseren Familien. Aber ich habe auch viel dabei gelernt, zum Beispiel Portugiesisch zu sprechen und Gitarre zu spielen.

F: Wie war es, das erste Mal nach Europa zu reisen?

B: Als ich das erste Mal in Begleitung von Vinicius, der die Arbeit der Huni Kuin unterstützt, unterwegs war, musste ich mir erst einmal einen Pass besorgen, alles war dort am Anfang fremd, die Sprache, das Essen – und vor allem – es war sehr kalt.

F: Wie laufen eure Treffen ab?

B: Wir sprechen über unser tägliches Leben im Dorf, unsere tägliche Arbeit, denn wir haben keine freien Tage, wir bereiten morgens das Essen vor, dann machen wir Handarbeiten, dann kümmern wir uns um die Kinder, wir ernten auf den Feldern, wir zelebrieren unsere kulturellen Praktiken – das alles erzählen wir den Frauen in Europa, in Deutschland, in Italien, in Holland.

Unser Leben hat sich mit den Reisen verändert, jeder lernt vom anderen

F: Hat sich euer Leben im Regenwald durch die Reisen auch verändert?

Einen Tag auf dem Fluss und dann mit dem Flugzeug bis zur nächsten Stadt – die Huni Kuin leben in Amazonas-Regenwald in Baixo Rio Jordão, im Bundesstaat Acre@Living Gaia e.V.
Einen Tag auf dem Fluss und dann mit dem Flugzeug bis zur nächsten Stadt – die Huni Kuin leben in Amazonas-Regenwald in Baixo Rio Jordão, im Bundesstaat Acre @living-gaia

B: Ja, auf jeden Fall. Früher haben wir alles gegrillt, Bananen, Fleisch, Fisch – immer über dem offenen Feuer. Das hat sehr lange gedauert. Jetzt benutzen wir Metallpfannen, wir haben Feuerzeuge. Jeder lernt vom anderen. Jetzt haben wir auch Handys und andere Maschinen von euch, die aus der Fabrik kommen, das sind sehr schwierig zu produzierende Dinge.

Früher eine Tagesreise mit Flugzeug und Boot in die nächste Stadt, heute Termine übers Smartphone

F: Hat das Mobiltelefon dein Leben sehr verändert?

B: Ja, früher war die Kommunikation für uns nicht einfach, zum Beispiel ist es eine ganze Tagesreise mit dem Flugzeug und über den Fluss in die nächste Stadt. Jetzt sind wir mit anderen indigenen Gemeinschaften verbunden, wir können uns treffen und Ideen austauschen. Im Moment bin ich in Bahia und treffe meine Verwandten (Anm. d. Red.: Indigene Gemeinschaften nennen sich untereinander „Verwandte“) Pataxó.  Mein erstes Handy habe ich durch den Verkauf von Kunsthandwerk in Rio de Janeiro mit Hilfe unserer Guarani-Verwandten gekauft.

Mobiltelefone gehören heute zum täglichen Leben

F: Gehört ein Mobiltelefon heute zu deinem Leben?

B: Es hat einige Zeit gedauert, bis ich gelernt habe, es zu benutzen, aber andere Frauen haben mir geholfen. Heute kommen jeden Tag Nachrichten an, die ich beantworten muss, weil ich das Handy für meine Termine und Aktivitäten benutze.

Bei der indigenen Gemeinschaft der Guarani gibt es leckeres Essen

F: Wie sind für dich die Treffen mit der indigenen Gemeinschaft der Pataxó in Bahia und der Guarani in Rio de Janeiro?

B: Die Traditionen der Guarani zum Beispiel sind anders als die der Huni Kuin. Sie leben sehr nah an der Stadt, wir leben mitten im Regenwald. Ich lernte ihre Gerichte kennen, sie bereiteten eine Suppe mit Erdnüssen und Mais zu. Ich habe zwei Speisen probiert, es war sehr lecker. Ich habe auch gesehen, was sie an Kunsthandwerk herstellen, ganz andere Grafiken und Materialien, ich habe auch ihre Tänze und Heilmittel kennen gelernt.

F: Und was hast du mit den Pataxó im Süden Bahias gemacht?

B: Mit den Verwandten haben wir Ayahuasca- und Rapé-Zeremonien durchgeführt (Anmerkung der Redaktion: Rapés sind komplexe medizinische Pulver, die aus Tabak – Nicotiana rustica – und verschiedenen Teilen und Asche von gemahlenen Pflanzen bestehen. Sie werden traditionell von vielen indigenen Völkern des Amazonasregenwalds verwendet), die einen ganzen Abend lang gemeinsam gefeiert wurden. Ich habe auch eine junge Anführerin in Caraiva getroffen, Tapy Pataxó. Sie nennt mich ‚Kriegerin‘, wir haben viel Kraft durch die Zeremonie, sie ist ein sehr wichtiger Teil unserer Kultur. Und wir haben vor, mehr gemeinsame Aktivitäten zu unternehmen.

Bunke, Batani, Rita and Nixiani waren 2022 auf Tour in Europa @living-gaia

Hier das Interview mit der Künstlerin und Aktivistin Diana Paris Rodriguez über Ökofeminismus, Weitere Infos: @hunikuinwomen

Über Beate C. Kirchner

Freie Journalistin, Themenschwerpunkt: Brasilien – Wirtschaft, Politik, Umwelt, indigene Gemeinschaften und auf Anfrage

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..